Dieser Artikel ist in der IGUANA erschienen (Jahrgang 23, Heft 1)
Haltung und Zucht von Jarrovs Stachelleguan - Sceloporus jarrovii, Cope, 1875
Einleitung
Die Stachelleguane haben von Anfang an mein Interesse in der Terraristik geweckt und Sceloporus jarrovii ist mir trotz der recht großen Gattung Sceloporus recht schnell aufgefallen. Da die Tiere leider nur sehr selten gepflegt werden bzw. Importe nur sehr unregelmäßig ins Land kommen, hat es leider einige Jahre gedauert bis ich mir diesen Wunsch erfüllen konnte. Hier schildere ich meine Erfahrungen bei der Haltung und Zucht diese interessanten Echsen.
Systematik und Verwandschaft
Die Gattung Sceloporus umfasst über 80 Arten und ist wissenschaftlich noch nicht abschließend untersucht. In den nächsten Jahren werden sich weitere Änderungen bei der Einteilung der Arten und Unterarten ergeben. Welche Änderungen sich noch für die Unterarten von Sceloporus jarrovii ergeben, kann für uns momentan egal sein, da in den deutschen Terrarien nur Tiere aus dem nördlichsten Verbreitungsgebiet heimisch sind.
Jarrows Stachelleguan gehört in die Sceloporus - Torquatus – Gruppe. In dieser befinden sich auch die in der Terraristik bekannten Arten S. cyanogenys und S. poinsetti. Die anderen Vertreter der Gruppe sind meines Wissens leider nicht in den deutschen Terrarien vertreten.
Beschreibung
Sceloporus jarrovii gehört zu den mittelgroßen Stachelleguanen. Die Männchen werden mit ca. 10 cm KRL etwas größer als die Weibchen. Meine adulten Tiere sind aber mit ca. 6 und 7 cm deutlich kleiner, als der in der Literatur angegebene Maximalwert von 105 mm.
Die deutsche Übersetzung des Gattungsnamens „Stachelleguan“ ist bei S. jarrovii nicht ganz so passend, da die Schuppen gar nicht so stachelig sind, wie bei vielen anderen Vertretern.
Die Tiere sind recht flach, was der felsbewohnenden Lebensweise zu Gute kommt.
Dunkel eingefasste Schuppen auf dem Körper sind in der Mitte weiß, violett oder bläulich gefärbt. Der Schwanz ist hell / dunkel grau gebändert und kann bei den Männchen auch bläulich gefärbt sein. Die Leguane haben im Nacken ein breites, schwarzes Band, das mit je einer feinen, teilweise unterbrochenen weißen Linie zum Körper und Kopf hin abgegrenzt ist. Das Halsband kann in der Rückenmitte durchbrochen sein. Der Kopf ist auf der Oberseite schwarz gefärbt und an den Seiten grau. Jarrows Stachelleguan kann seine Farbe von hell zu dunkel wechseln.
Auf der Unterseite haben die Männchen, die für Stachelleguan typischen, gefärbten Flecken. Seitlich vor den Hinterbeinen ziehen sich, schwarz eingefasste, blaue Flecken bis ungefähr zur Brust hoch. In der Bauchmitte sind die Flecken getrennt. Die Kehle wird ebenfalls von einem blauen Fleck gezeichnet. Bei den Weibchen und bei Jungtieren ist diese blaue Zeichnung nur schwach ausgeprägt.
Die Zeichnung der Weibchen ist insgesamt ähnlich, aber eher farbloser und etwas mehr gesprenkelt. Jungtiere unterscheiden sich nicht stark von der Zeichnung der Eltern, sie sind lediglich etwas dunkler.
Verbreitung und Lebensraum
Das Hauptverbreitungsgebiet von Sceloporus jarrovii liegt im Nordwesten von Mexico. Es erstreckt sich in Mexico über Nordost - Sonora, West - Chihuahua, Durango und West - Zacatecas. In den USA sind die Tiere in Süd-Arizona und im Südosten von New Mexico zu finden. Die Tiere, die bei uns angeboten werden, stammen voraussichtlich aus Arizona.
Als Höhenverbreitung wird in der Literatur 1370 – 3350 m über NN angegeben.
Die Leguane halten sich in Trockenwäldern auf, die überwiegend aus Eichenwald bestehen. Lichte Bereiche werden bevorzugt. Der eigentliche Lebensraum sind Felsen, obwohl die Tiere seltener auch auf Bäumen gefunden wurden. In den unteren Bereich des Höhenverbreitungsgebietes findet man die Tiere meist in der Nähe von Bächen und in eher schattigeren Bereichen.
Verhalten
Als tagaktive Jäger sind S. jarrovii sehr viel im Terrarium unterwegs. Mit Einschalten der Beleuchtung heizen sich die dann noch sehr dunkel gefärbten Tiere schnell auf. Die Hauptaktivitätszeit wird an den Wänden und Felsaufbauten verbracht.
In aller Regel gehen die Leguane nur zum Fressen auf den Boden. Bei der Fütterung stellen sie sich als schnelle und geschickte Jäger dar. Über die heißeste Phase des Tages sind die Tiere nicht aktiv, sondern liegen in kühleren Verstecken. Mit Erreichen der Vorzugstemperatur sind die Echsen sehr viel heller als am Morgen.
Die Pflege von einem Männchen mit einem Weibchen scheint die beste Lösung zu sein. Männchen vertragen sich untereinander nicht und auch die weiblichen Leguane sind phasenweise seht territoriell.
Das leguantypische Nicken und die Liegestütze sind nicht die einzigen Verhaltensweisen mit der Balz und Verteidigung des Territoriums angezeigt werden. Männliche S. jarrovii können ihren Körper abflachen, um größer zu wirken, dabei wird der gefärbte Bauch präsentiert und die blaue Kehlwamme wird ebenfalls ausgestellt.
Die genauen Abläufe dieser „Rangeleien“ unter Männchen sind in der gängigen Literatur ausführlich und mit Bildmaterial beschrieben, deshalb gehe ich hier nicht weiter auf dieses artspezifische Verhalten ein.
Die Pflege im Terrarium
Eigene Ansprüche an die Ästhetik sollten beim Bau und der Einrichtung immer gegen praktische und vor allem notwendige Punkte abgewogen und im Zweifel zu Gunsten der optimalen Pflegeparameter für die Tiere hinten angestellt werden.
Ich halte meine Tiere so lange im Jahr wie es geht im Freiland (Balkon / Garten). Je nach Wetterlage ziehen die Leguane ab Ende Februar /März nach draußen um und bleiben dort bis die ersten Nachtfröste kommen (Oktober/November).
Mein Terrarium für ein adultes Paar hat die Maße 100*50*100 cm (B*T*H) und ist mit einer Felsrückwand ausgestattet, die verschiedenste Spalten und Vorsprünge aufweist. Beim Bau der Rückwand fand das allgemein bekannte Prinzip von Styropor mit Fliesenkleber Überzug Anwendung.
Die beiden Seiten und die Front des Terrariums sind mit feiner Aluminiumgaze bespannt, der Deckel besteht aus einem breiteren Holzrahmen und ist ebenfalls mit Gaze bespannt. Je nach Wetter und Niederschlagsmenge wird der Deckel mit Glasplatten abgedeckt. Bei starken Regenfällen wird zusätzlich eine Seite abgedeckt um trockene Bereiche im Terrarium sicher zu stellen.
Im Terrarium ist ein kleiner Spot mit 40 Watt Leistung installiert, der bei schlechtem Wetter und in der Übergangszeit zugeschaltet wird. Die Lampe befindet sich im Abstand von ca. 20 cm über einem Plateau und erzielt dort Temperaturen von ca. 35-55 °C, je nach Umgebungstemperatur.
An sonnigen, heißen Sommertagen wird am Abend oder morgens gesprüht, damit ein feuchter und kühlerer Bereich entsteht.
Als Bodengrund verwende ich in einem Teil des Terrarium Spielkasten Sand, etwas Laub und Kies in verschiedenster Körnung sind auf dem, ebenfalls mit Fliesenkleber überzogenen, Boden verstreut. Zusätzlich nutze ich Muschelgritt als Kalziumquelle, der auch als Bodengrund eingestreut wird.
Als Einrichtung befinden sich verschieden Wurzeln oder Steine und Steinplatten im Terrarium, die zusätzlichen Aktionsraum und Verstecke bilden. Eine Pflanze (wechselnd Kakteen oder Sukkulenten) wird im Topf auf den Terrarienboden gestellt und sorgt für weiteren Sichtschutz und Schatten.
Eine Schale mit Trinkwasser, die täglich zu befüllen ist, vervollständigt die Einrichtung.
Ernährung
Sceloporus jarrovii sind gute Jäger, die alles erbeuten, was ihnen angeboten wird. Deshalb ist es einfach das Spektrum der angebotenen Futtertiere so vielfältig wie möglich zuhalten, was der Gesundheit der Leguane sehr zuträglich ist. Ich füttere ca. 2-3 Mal pro Woche, lediglich die Jungtiere bekommen 4-5 Mal pro Woche Futter.
Von adulten Tieren wird ausnahmslos alles gefressen, was angeboten wird und die Größe mittlerer Wüstenheuschrecken nicht übersteigt.
Als Hauptfutter dienen Heimchen (Acheta domesticus) und Steppengrillen (Gryllus assimilis). Nymphen der Totenkopfschabe (Blaberus craniifer) in der passenden Größe werden auch gern genommen.
Zusätzlich biete ich Wüstenheuschrecken (Schistocerca gregaria) sowie Wachsmottenraupen (Galleria mellonella) und Mehlkäferlarven (Tenebrio molitor) an. Gerade die beiden zuletzt genannten sollten nur selten angeboten werden, da diese sehr fett sind und bei zu großen Mengen erbrochen werden.
Bei der Aufzucht von Jungtieren kann das Anbieten von Kellerasseln (Porcellio scaber) von Vorteil sein, da diese ein deutlich besseres Ca:P (Kalzium : Phosphor) Verhältnis haben als die üblichen Futterinsekten und so weniger streng auf die Versorgung mit Kalzium geachtet werden muss.
Zu kleinsten Grillen werden auch noch Fruchtfliegen (Drosophila hydei),Buffaloes (Alphitobius diaperinus) und Bohnenkäfer (Bruchus quadrimaculatus) angeboten. Nymphen der kleinen Schabenarten Schultesia lampyridiformis undPhoetallia pallida haben sich bei Schlüpflingen als besonderer Leckerbissen herausgestellt. Auch dieses Kleinstfutter wird von den ausgewachsenen Echsen gern „aufgepickt“.
Insekten steht in der Natur ein sehr breites Spektrum an Nahrung zur Verfügung. Bei den kommerziell gezüchteten Futterinsekten ist die Nahrung oft nicht besonders abwechslungsreich und enthält nur wenige Vitamine. Man sollte seine gekauften Futtertiere ca. zwei Stunden vor dem Verfüttern mit frischem Futter versorgen. Ich nutze hierfür allerlei Wildkräuter aus dem Garten und Fischfutter. Die Nährstoffe im Verdauungstrakt der Insekten kommen so auch den Pfleglingen zu Gute.
Vitamine und Mineralien
Wer seine Tiere mit vielfältig ernährten Futtertieren verschiedenster Arten ernährt, braucht ihnen nur wenig Vitamin- und Mineralstoffpräparate zuzufüttern. Durch die Haltung im Freiland bei direkter Sonne, ist die Gabe von Vitamin D3 nicht so wichtig wie bei der Haltung unter Kunstlicht.
Ich biete immer Muschelgritt in passender Größe frei im Terrarium an. Während der Haltung im Freiland bestäube ich die Futtertiere ca. einmal pro Woche mit Herpetal Mineral. In der Überganszeit ohne Sonnenlicht bestäube ich die Insekten ca. zwei Mal pro Woche mit Herpetal Complete T.
Unregelmäßig wird dem Trinkwasser Multibionta und Vigantoletten (beides Fa. Merck) beigemischt.
Winterruhe
Sceloporus jarrovii hat in der Natur eine stark ausgeprägte Sommer- und Winterzeit. Dies sollte man im Jahresverlauf auch unter Terrarienbedingungen nachstellen. Ich unterziehe meine Tiere einer Winterruhe von mehreren Monaten. Hier empfiehlt es sich gerade die Nachtwerte deutlich unter Raumtemperatur abzusenken. In der großen Höhe, in der die Tiere teilweise vorkommen, ist der Wechsel zwischen Tag- und Nacht- Temperatur auch sehr stark.
Im Spätherbst wird das Terrarium im Freiland etwas gegen Wind und Wetter abgesichert, die Abdeckung gegen Regen bleibt permanent auf dem Terrarium und nachts wird das Becken mit einer Decke geschützt. In der Zeit zwischen Oktober und Februar steht mein Terrarium dann in einem ungeheizten Raum bei geöffnetem Fenster. Die Temperaturen fallen dann nachts teilweise merklich unter10 °C und am Tag liegen sie zwischen 12 und 16 °C. Über die Mittagszeit schalte ich oben genannten Spot für ca. 2-3 Stunden zu. Die Temperaturen im Terrarium gleichen denen der Raumtemperatur, lediglich unter dem Spot entstehen ca. 30 °C. Selbst bei diesen niedrigen Temperaturen sind die Tiere aktiv und nehmen Nahrung an. Ich verfüttere in dieser Phase nur ca. alle 10 Tage kleine Futtertiere.
Im Spätherbst 2009 überstanden die Tiere auch einen frühen Kälteeinbruch problemlos. Hierbei waren die Tiere Nachttemperaturen von 1°C bis minus 2°C über mehrere Tage ausgesetzt.
Vermehrung
Da es sich bei Sceloporus jarrovii genau wie bei den anderen beiden bekannten Vertretern der Torquatus Gruppe um lebendgebärende Echsen handelt, findet die Paarung im Spätsommer / Herbst statt. Die Jungtiere reifen dann über den Winter im Muttertier heran und werden im Frühjahr geboren. Ablagen bzw. Geburten lagen bei meinen Tieren zwischen März und Mai. Je nach Temperatur und Aufheizmöglichkeit während des Winters können die Zeiten stark schwanken und auch bis in den Juni hinein reichen. Es gibt Angaben von 2-14 Jungtieren pro Wurf, bei meinen Tieren lag die Maximalzahl bei 6 was daran liegen kann, dass meine Tiere auch eher klein sind.
Aufzucht der Jungtiere
Bei Sceloporus sp. ist die Aufzucht der Jungtiere nicht ganz unproblematisch, es kommt häufig zu Zitterkrämpfen, wenn die Versorgung nicht optimal ist.
Es ist bei der Gruppenhaltung von Jungtieren immer Vorsicht geboten. Gesunde, scheinbar gut genährte Leguane, ohne Bissverletzungen oder andere augenscheinliche Defizite, lagen plötzlich zitternd am Terrarienboden.
Bei Sceloporus jarrovii habe ich dieses Zittern bisher nicht beobachtet, was ich auf die Haltung im Freiland zurückführe. UV-Strahler, egal welcher Güte, können das echte Sonnenlicht wohl nicht ersetzen.
Da die Jungtiere recht territoriell sind, muss man die Gruppen immer wieder teilen. Wer die Möglichkeit hat sollte die Jungtiere einzeln aufziehen.
Als Aufzuchtterrarien dienen bei mir in den ersten Wochen kleine Faunaboxen, fressen die Tiere gut und machen einen fitten Eindruck kommen sie dann in den nächsten Behälter. Ich nutze umgebaute Aquarien, bei denen ähnlich wie bei den Adulti Front und Seitenscheiben gegen Aluminiumgaze getauscht wurden. Die Einrichtung ist bis auf die Pflanze auch identisch zu den Elterntieren. In diesen 40*20*30 cm (B*T*H) großen Terrarien können die Jungtiere einige Monate wachsen.
Die Tiere fressen meist nach zwei bis drei Tagen. Grillen, kleinste Schaben, Bohnenkäfer, Buffaloes oder auch frische Wachsmottenmaden dienen anfangs als Futter. Die Nahrung der Jungtiere wird bei jeder Fütterung im Wechsel mit Herpetal Complete T und Herpetal Mineral eingestäubt. Zusätzlich biete ich fein zerbröselten Muschelkalk zur freien Verfügung an.
Hier gilt das Gleiche wie bei adulten Tieren: abwechslungsreich und gut genährte Futtertiere sind das A und O.
Die Geschlechtsreife setzt bei den Tieren recht früh ein, also sollte man die Geschlechter getrennt halten, um eine zu frühe Trächtigkeit der Weibchen zu verhindern. Selbst in der Natur können die Männchen mit vier bis fünf Monaten bereits geschlechtsreif sein. Paarungen im Herbst des ersten Lebensjahres sind durchaus möglich.
Die Jungtiere kann man sehr leicht anhand der vergrößerten Postanalschuppen bei den Männchen unterscheiden. Spätestens nach wenigen Monaten erkennt man die männlichen Tiere anhand der Bauchfärbung.
Fazit:
Die Haltung und Zucht von Sceloporus jarrovii ist bei Beachtung einiger Punkte gut möglich und bereitet eine Menge Freude.
Essentiell für die erfolgreiche Pflege der Tiere sind meiner Meinung nach die Haltung im Freiland und ein starker Unterschied zwischen Tag- und Nachttemperatur. Die Möglichkeit sich währende der kalten Überwinterung nahezu auf Vorzugstemperaturen zu bringen scheint wichtig für die Zucht der Echsen zu sein.
Literatur
Köhler, G. & Heimes, P.(2002): Stachelleguane
-Lebensweise, Pflege, Zucht. – Offenbach
(Herpeton Verlag), 174 S.
Werning, H., (2002) : Stachelleguane
Münster, 144 S.
Natur und Tier - Verlag